Fusion Festival 2015

Wir waren beim Aufbau unseres Bananencamps zu fünft. Jeder von uns zog gleichzeitig an unserer Regen- und Sonnenschutzplanen Konstruktion in eine andere Richtung. Das Dach sollte irgendwie zentriert zwischen unseren Zelten, dem Grill und der Fahnenstange für unsere Bananenflagge gespannt werden. Das war sicher ein lustiges Bild, uns frisch angereiste, hochmotivierte und von den vielen Willkommen Schnäppschen und Näschen ganz betörte Spezialisten beim Aufbau ihrer Herberge zu beobachten. Ein Machen, Zupfen, Gehämmer und Zurufen von einerseits sinnvollen Anmerkungen zum Aufbau an sich und andererseits irren Kommentaren. Am Mittwoch Abend stand unser kleines Dorf ganz scheinheilig im Sonnenuntergang dar und vergrößerte sich mit der Zeit. Es kamen immer mehr von unserer Crew aus den verschiedenen Ecken des Landes angereist. Wiedersehensfreude paarte sich mit dem inneren Fest welches bei jedem von uns ablief: Der Anfang vom Fusion Festival 2015 war endlich da ! Und jede von unseren Nachbarn abgefeuerte und über unseren Köpfen explodierte Sylvesterrakete wurde laut mitgefeiert.

Am nächsten Morgen hatten wir uns, mein Kollege Janeck und ich, am nahegelegenen Knödelkosmos wiedergetroffen. Diese kultig leckere Kaffee- und Futterquelle in Nähe der Dubstation war ein geeigneter Ort um sich zu besprechen. Musste mich dafür zuerst mal gedanklich sortieren und fasste den Zeitplan für unseren anstehenden Auftritt zusammen: Heute Nacht, also Freitag Morgens um 1 Uhr, stand der Weidendom auf dem Plan. Diese Bühne war irgendwo dort, hinter dem Niemandsland. So ganz bewusst waren wir an diesem Platz eigentlich noch nie gewesen, fiel uns mal so auf.
Fusion Festival 2015
Bei unserer Ankunft in diesem Areal waren wir von den vielen kleinen Sensationen, welche hier zu sehen und zu hören waren, wie verzaubert. Ein einzigartig selbstgemachtes Zelt, aufgebaut in einer Art Park mit kinetischen Figuren aus fernen Welten und anderen, sagen wir mal trippigen Kunstinstallationen aus einem Metall-Holz-Moos Verbund- Gemisch. Das Innere vom Zelt war ausgelegt mit großen und bunten, scheinbar Handgeknüpften Teppichen. Die Bar, Schränke und Kommoden, Sitzgruppen an kleinen Tischen und hattest du noch nicht gesehen Accessoires waren aus Palisanderholz mit deutlichem Profil ihrer Jahresringe, geschreinert. Irgendwie hatte diese Zeltinnenraum Möblierung für diesen Ort auf dem Festival Gelände kaum Sinn ergeben, bis meine Blicke nach oben in Richtung Zeltdach geschweift waren. Nun blieb mein Blick mit geöffnetem Mundwerk dort oben hängen. Es waren mindestens einhundert historische Exponate ausgestellt, stammend aus mehreren Weltreisen mit abenteuerlichen Exkursionen in spezielle, nur auf eine halsbrecherische Weise zugänglichen Flecken auf unserem Erdball. Die Objekte, so erkannte ich bei genauerer Betrachtung, hingen alle, jedes für sich, in Balance an einem entsprechend großen MOBILEE. Janeck meinte dazu ganz trocken, diese Bühne war wie für uns gemacht. Es ging kurz darauf schon los und ich begrüßte am Mikrofon die vielen Gäste unserer musikalischen Kreuzfahrt. In meiner Erinnerung waren diese wunderbaren Stunden mit unserem liebenswerten Publikum zu vergleichen mit rosa Zuckerwatte für die Seele.
Aber immer dann, wenn die Zeit am schönsten war, war ja klar, ging sie rascher als sonst vorbei. In unserem U-Boot wurde es entsprechend schnell taghell und verwandelte sich in einen bunten Zeppelin..

Einige Zeit war nach unserer glücklichen Landung vergangen und es kam mit Janeck zu einem geselligen arabischen Frühstück in einem der Ecken von dem Areal des Arab Underground. Es störte ja niemanden, daß es schon Nachmittag war. Morgen früh werden wir dort hinten an der Feuerstelle Musik machen, war der Plan. Unsere Sachen werden dann daneben, in der zünftigen Holzhütte aufgebaut stehen, malten wir uns aus. Die Lautsprecher waren dann um uns positioniert und zielten in Richtung Lagerfeuerplatz.  Robust und solide gebaut, mit Schlamm beschmiert und Fingerdicke Gitter vor den Membranen.  Die grooven auch jetzt schon ohne Musik, wer weiss was hier später noch abgeht ?
Fusion Festival 2015
Am kommenden Morgen klingelte mein Wecker schon sehr zeitig. Wenn meine Erinnerung mir keinen Streich spielt, startete unser Auftritt um 6 Uhr morgens. Es war schweinekalt mit grauem Himmel und so. Ohne die elementaren Zutaten eines kraftspendendes und der Uhrzeit angepassten Frühstückes wollten wir direkt mit unserer Show loslegen. Am DJ- Pult angekommen waren die 3 Jungs von, ich glaube sie nannten sich Glitzer Spritzer oder so ähnlich. Sie waren jedenfalls mit Bier, Schnaps und wer weiß was sonst noch vollgelaufen. Niemand von ihnen war fähig auch nur ein Wort zu formulieren geschweige denn irgendeine stabile Haltung einzunehmen. Alle Drei fluktuierten in ihrem Körpergerüst ganz nervös und hibbelig vor sich hin, steuerten irgendwie die Musikanlage und waren ganz genau bis zur letzten Minute ihrer Timetable Ankündigung am Start. Wir vernahmen nur noch das Wort Turmbühne und blitzschnell waren alle von ihnen weg. Ihr Musik- Equipment samt Kabel , Controller, Kopfhörer und Netzstecker hatten sie einfach da gelassen. Alles war eingestöpselt und im Betrieb. Mein Komplize Janeck und ich standen überrascht mit offenem Mund da und schauten uns mal wieder gegenseitig an. Es blieben uns 5 Minuten Zeit, war auf einem der vielen leuchtenden Displays der verschiedenen Playern, welche uns hier in der Kanzel umgaben, abzulesen. Bis dahin musste der ganze technische Kram der verschwundenen Kollegen abgebaut und unser Zeug wiederum aufgebaut werden. Gut das wir für solche schwierigen Angelegenheiten eine Art Autopilot in uns entwickelt hatten. Er half uns in ungünstigen Situationen. Zum Beispiel der sensible und fachmännische Umgang mit elektronischen Geräten auf einer unbedachten Bühne, bei Regenwetter mit Sturm, Nachts im Wald wenn man breit war. Natürlich hatten wir für unser Arab Underground Set alles gerade so hinbekommen und es ging los.
Ein fieser und gnadenlos ergiebiger Regenschauer löschte nach kurzem Vergnügen unser Feuer. Nun war aber endlich die Zeit für ein reichhaltiges arabisches Mittagsmal am Stand um die Ecke. Das Essen war scharf und lecker, der Regen schnell vergessen.  Hier kam uns die gesamte Situation von Oriental Tropical auf dem Fusion Festial mit den drei Gigs auf verschiedenen Bühne total unwirklich vor. Wir mussten uns nun aber ganz genau absprechen, wie es wo, mit welcher Musik weiterging.

Es war Sonntag Abend, und wir betraten die “Kirche” der südamerikanischen Tanzmusik, den Salon de Baile. Bewusst entscheide ich mich hier für die Bezeichnung Kirche. Nun bin ich mir jetzt nicht mehr so ganz sicher ob mich meine Erinnerungen täuschen, dennoch versuche ich es realitätsgetreu wie möglich zu beschreiben.
Fusion Festival 2015
Zur Dekoration gab es im Hangar große Kreuze, absurde und tiefgehend eindrückliche Ikonenmalereien, Plastiken von Engeln, Teufel und das Paradies mit Äpfeln und der Schlange und so weiter. Hier waren auch verhältnismäßig viele Tanzgläubige aus Südamerika. Auf der Bühne lief eine Show von einer lustigen Gruppe mit ulkiger Hühner Maskerade und mir wegen ihrer fehlender Ernsthaftigkeit schwer in eine Kategorie zu fassende Musik. Wir karrten unser Equipment zu einer Bühnenseite, welche mit einem Treppenaufgang versehen war. Als wir ankamen ließ das Lampenfieber mein Herz im Hals pochen, aber in Anbetracht der humoristischen Situation auf der Bühne entpannte sich meine Aufregung. Irgendwie hatte ich Bammel mich vor die vielen nativen Südamerikaner zu stellen und Musik aus denen ihrer Heimat zu spielen.
Von einem zum anderen Moment waren wir schon an unserem Mischpult und fingen mit passenden Cumbia tunes an, eine für den Sonntag Abend passende Stimmung aufzubauen. Von hier und da kamen schon ein paar Pfiffe und Schreie nach mehr. Wir waren schon sehr froh von dem Publikum angenommen zu werden, die vielen Tänzer zu sehen, wie sie alle Spaß hatten. Und dann Zack Bumm, der Strom auf unserer Bühne war weg. Natürlich dachte man, wir sind ursächlich für den Ausfall. Wir und der herbeigeeilte Techniker prüften sofort alles was mit unserer Stromversorgung zu tun hatte, aber es war nichts zu finden. Aus dem Publikumsraum hörte man schon die ersten Rufe nach Fortsetzung. Einerseits gut zu wissen das wir angenommen wurden, andererseits eine desaströse Katastrophe. Ein anderer flinker Helfer hatte schnell die Ursache des Ausfalls gefunden und direkt behoben. Es war eine ausgelöste Sicherung, welche einfach wieder eingeschaltet wurde. Die Musik ging dann weiter, die Stimmung tobte. Unsere Show ging einige Zeit weiter, wir waren allesamt in einem himmlische Zustand geschwoben als Schwupp di Wupp die Musik wieder ausging. Dieses mal blieb der Strom zwar an, wir konnten sehen wie die Player ihren Dienst taten und der rhythmische Ausschlag war in der Mischpult anzeige zu sehen. Hää ? Was war denn nun wieder los ?. Sofort kamen zwei oder drei Techniker angerannt, leider wusste keiner was jetzt so genau los war. Das Publikum murrte auch schon wieder, sie wollten tanzen. Der Tontechniker selber hatte nun auch keine Idee an was es liegen könnte. Wir alle schwärmten nach der Ursache suchend aus, bis jemand aus dem Backstage rief, weil er etwas gefunden hatte. Jemand hatte den im Backstage verbauten Master- Lautstärke Regler für die ganze Halle leise gedreht. Das war jemand der in die technischen Verschaltungen im Betriebsbereich eingeweiht war.
Ein bewusster Vorgang von jemanden der unsere Klänge nicht mehr hören wollte.
Sabotage !