Heute Kolumbien, Morgen Griechenland

Wir waren sehr dankbar! Am Sonntag Abend hatten wir im Kesselhaus/Schlachthof Wiesbaden die kolumbianische Band Systema Solar supported. Wir kannten uns schon von ihrem vorhergegangen Besuch in der mittlerweile abgerissenen Räucherkammer, gleich nebenan, sie war schon plattgewalzt und frisch asphaltiert..
Die 6 Jungs mit ihren afro-kolumbianischen Wurzeln hatten es einfach drauf die musikalischen Strömungen für ihr Projekt zu nutzen und damit ihre Zuhörer voodoomäßig zu fesseln und zu begeistern.
Stellenweise war ich am staunen,  hatte mit offenem Mund dargestanden und wollte den Moment des Grooves irgendwie einfangen. Klaro, meisterhafte Rhythmen aus dem Urwald mit modernsten technischen Methoden aufbereitet, sind wirken einfach magisch. Es war eine Mischung aus Future-Ethno Dance mit knackigen Beats, coolen Hip Hop Breaks, Global Bass. Und das ganze ausgewogen gepaart mit traditioneller Musik aus Südamerika wie z.B. Cumbia, Porro, Champeta ..
Die Türen des Venues gingen um kurz nach 19.00 auf und schwuppdiwupp war es mit vielen lebenslustigen Gästen aus Südamerika gefüllt und es ging direkt los mit dem Tanzen. Am Anfang gleich  zur Eröffnung gab es eine Tanzgruppe, mit Thorsten aka DJ Ayu Vaska vom Club Latinoamericano aus Darmstadt präsentiert und danach waren wir am Drücker, ich meine am Mischpult.
Für uns alle war es wunderschön den Laden mit seinem, für unsere musikalische Herangehensweise, idealen Publikum zu beschallen. Schon beim ersten von uns aufgelegten Song gingen sie direkt durch die Decke! Langsam und zielsicher erhöhten wir mit unserer Auswahl an passenden Liedern die Innenraumtemperatur. Erwähnenswert ist an dieser Stelle der unfassbar geile Klang der eingebauten Anlage. Was genau im Detail verwendet wurde, finde ich später heraus..
Sie war jedenfalls fähig unsere musikalischen Mischformen, d.h. in die Jahre gekommene traditionelle Musik, welche mit knackig modernen Beats unterfüttert wurde, glasklar und harmonisch mit deutlichem und differenziertem Druck untenherum wiederzugeben. Wegen den vielen im hocfrequenten Frequenzbereich schreienden Mädchen im Publikum war es ja auch notwendig den von uns kommenden Schalldruckpegel hochzuhalten zu können. Dann standen die Jungs plötzlich auf der Bühne.
Im Gegensatz zu vielen anderen Bands hatten Sie gewartet bis der von uns aufgelegte Titel zu ende war und erst dann ging es mit ihrer Show los. Energetisch betrachtet hat sich im Raum alles verzwanzigfacht und wir wurden alle direkt in die Tropen mitgerissen. Es wurde sprunghaft ein Temperaturanstieg und eine drastische Erhöhung der Luftfeuchtigkeit festgestellt. Ich mußte jedenfalls mal raus an die frische Luft, aber dort im Freien war es fast genauso warm wie drinnen. Hatte irgendwie gar nicht mitbekommen wie draußen auch schon Sommer war. Für viele Besucher ging es manchmal wegen nassgeschwitzter Klamotten raus und dann direkt wieder rein zur Bühnenvorderkante. Caramba ! Zur Zugaben-Runde der Band hat sich Oriental Tropical wieder am Mischpult zusammengefunden und wir hatten nach dem wirklich letztem Lied der Show wieder mit unserem DJ Ritus angefangen. Für uns war es in dieser Situation möglich Musik in sehr langsamen Tempo aufzulegen. Wieder die druckvoll knackigen Beats mit traditionellen tropischen Themen in feinster Qualität. Eine neue Situation mit vielen dankbaren und ausgelassen froh gestimmten Tänzern hat sich geformt. Eine dreiviertel Stunde später war schluss und wir hatten alle im Kreis gegrinst.
Schade das der Abend so schnell vorbei ging. Kopf hoch, Dienstag legten wir wieder im selben Hafen, aber an einem anderem Kai an.

Um Kurz vor 19.00, bevor die Türen der großen Schlachthof Halle geöffnet wurden, kamen wir wieder bei überraschend warmer Außentemperatur, ich musste direkt an Griechenland Wetter denken, am Kulturpark an. Eben noch wurde von uns in der Homebase überlegt welche Platten und Cds mitkommen sollten, plötzlich war Sommer, überall auf dem Gelände verteilt waren gut gelaunte Leute. Hier und da wurde griechisch geredet: jetzt gleich geht es los, wo ist der Eingang, bist du dir sicher, kapnisume Zigarra, ela ela !
Am FoH, einem großen Audio- Mischpult Mitten im Saal, angekommen, bemerkten wir, für uns war kein DJ Pult  aufgebaut, keiner wußte etwas und akrakadabra kam schon ein fleißiger Helfer und hat uns das Equipment von vorgestern, also CD Player und Xone Mixer aus dem Kesselhaus nebenan, herbeigezaubert und angeschlossen. Ein kurzer Test, es funktionierte und wir gingen gleich ins Catering zum Kühlschrank. Vielleicht treffen wir Markos, den Sänger von Locomondo, dachten wir uns. Glück gehabt, es gab kaltes Wasser aus der Glasflasche, ein paar Erdnüsse und das kurze Gespräch mit Markos Koumaris. Eine durch und durch nett charmante Persönlichkeit, er verkörperte viele Facetten in einer Person. Wie es eben ein leuchtender Deutsch- Grieche im Weltmusik-Ska-Reggae Universum Himmel es nur so konnte. Total Real der Kollege !
Außerdem haete er uns noch eine neue CD von Locomondo geschenkt. Efcharisto! Jetzt aber schnell an die CD- Player und unser Vorprogramm ging los. Eine dreiviertel Stunde lang ließen wir die von uns ausgewählte, aus den 60/70er Jahren stammende, griechische Musik mit viel Rembetika und Laiki, aus der wirklich großen Schlachthof PA hinausplätschern. Mir machte es in genau diesen Situationen besonders viel Spaß, denn in meinem Alltag eröffneten sich selten sinnvolle Gelegenheiten meine musikalischen Artefakte, in Form von Vinyl aus Athen, vorzuführen.
Es war eines Sommers vor ein paar Jahren als mich der unstillbare Durst nach den Original Schallplatten aus der guten alten Zeit packte. Nikos Bournelis, Vangelis Perpiniadis, Sofia Vembo, ein bisschen Aris San und Boom Pam beschreibt ungefähr die Auswahl meiner Fundstücke. Wie aus dem Nichts heraus startete Locomondo mit ihrer Version von Frangosiriani als Intro ihrer Show. Danke, es war eine schöne Zeit mit euch ! Locomondo hatte einige bekannte Lieder gespielt und viele Wünsche abgefragt und erfüllt. Der Teil mit Marko an dem winzigen Saiteninstrument, der Baglama hatte mir am besten gefallen. Er entlockte der mini-Bouzouki derart hochfrequente Töne in gangstermäßig fidelen Melodien aus dem alten Griechenlad, einmalig. Und das wiederum glasklar mit der zeitgemäßen Beschallungsanlage vom Schlachter wiedergegeben. Ein großes Lob gebührt an dieser Stelle dem Soundmann der Band!

Nach der 3.Zugabe und dem verzweifelten ´ke alo` rufen der begeisterten Griechen war ich wieder an der Play Taste vom CD Player. Meine Wahl für das einzige Lied zum Rausschmiss fiel auf:
Anestis Delias – Sura ke mastura 1936

 

Bericht von Michalis Boumbalis  14./16.5.2017