Katzensprung Festival #2, Kierspe, NRW

Eines Tages, am Ende vom Monat Juni, hatte uns ein Freund angehauen, wie toll es auf dem Katzensprung Festival werden wird. Ahnungslos wie wir waren, entpuppte sich dahinter die Tatsache unserer Benennung im aktuellen Festival Line-Up ! Wir hatten uns zwar vor Monaten für einen Auftritt beworben, nur bisher gab es keine offizielle Antwort. Unsere Erwähnung im Line-Up war allerdings eine klare Ansage und wir machten uns direkt zum Abflug bereit.
Während unserer Fahrt nach Westfalen ins Bergische Land wurde uns wieder mal vor Augen geführt, wie schön und facettenreich die Landschaften bei uns waren. Gar nicht mal so weit weg von unserer Homebase stellte sich bei uns im Handumdrehen eine Art alpine Abflugstimmung ein. Dzonie, den Namen trägt unsere Diesel- Kutsche, hat uns zielstrebig und unbeirrbar über Stock und Stein gefahren. Es ging steil Hoch und runter, eine Serpentine nach der anderen zwischen beeindruckenden Felsenformationen, Wasserfall beseelte Schluchten wie im Mittelgebirge. Damit hatten wir vor unserem Fahrtantritt nicht gerechnet. Und ganz unerwartet erreichten wir schon den ersten Außenposten vom Katzensprung. Er saß leicht verschlafen auf einem Hocker mit Ablagearm, mitten auf einer T-Kreutzung im grün beseelten Wald. Die vielen Papiere an seinem Halter machten uns schnell klar, nur er kannte den richtigen Weg für uns. Ging es nun nach rechts oder links oder einfach geradeaus, fragten wir ihn ? Dann folgten wir seiner Anweisung bis wir endlich am Artist Camping angekommen waren. Welch ein Anblick sich uns offenbarte. Ein Dutzend schwarz weiße Kühe grasten gemütlich, mit “Muh” Rufen untermalt, ganz in der Nähe von unserem Quartier. Der kobaltblaue Himmel über uns, das saftige Grün der Alm auf der wir uns befanden und die Kuhherde wirkte auf mich wie eine Milka Werbung aus den 80er Jahren. Wenn da nicht die verhaltene, dennoch knackige Techhouse Musik im Hintergrund zu hören gewesen wäre. Diesen Sound kannte ich ganz genau, wie mein zweites “zuhause”.
Damals gab es noch kein passendes Internet-Radio, aber das war eine andere Geschichte. In den 90rn wurde über einen TV Satelliten Kanal das Kölner Evosonic Radio ausgestrahlt. Dort wurde nur elektronische Musik gesendet, das war für die Welt neu und einzigartig. Oft hatten nebst bekannten Gästen aus der Weltgeschichte immer mal die Kölner Resident DJ´s Musik ausgewählt.
Und das war genau der Sound der in diesem Augenblick das schöne Almtal erfüllte.
DJ Danke, Jahneck und Michalis gingen nach einem kurzen Regenschauer gemeinsam zum Artist Info Zelt und meldeten sich als anwesend an. Zumindest körperlich waren wir angekommen. Eine alte Indianer- Weisheit lehrte schon über das zügigen Reisen. Die Seele kam demzufolge immer etwas später als der Körper an sich am Zielort an. Dem sollte man sich bei allen weiteren Überlegungen bewusst sein.
Ein paar Schritte zum Auskundschaften des Festivalgeländes, vor allem der sich anbietenden Futtertröge, war sehr interessant für mich. Seit April machte ich eine Art Diät, eine Ernährung mit wenigen bis gar keinen Kohlehydraten. Warum und wieso ich das tat war wiederum ein anderes Thema. Irgendwie hatte ich schon erahnt wie die, aus meiner Sicht, hysterische Verbreitung der veganen Ernährungsphilosophie, auch das Bergische Land erreicht hatte. An nahezu jedem Essensstand wurden Variationen von Kartoffeln, Reis und Weizenmehl (alles Kohlenhydrate) mit den fantastischsten Namen angeboten. Leider war nichts für mich dabei, also gab es mit Dzonie im Basecamp  wieder Thunfisch aus der Dose.
Unsere Playtime war vom Sonnenuntergang bis in die tiefe Nacht angesetzt. Und wo, hatte ich meine gut informierten Kollegen gefragt. Ich war ja der Fahrer, mittlerweile etwas Müde und nicht so gut informiert wie meine pfiffigen Kollegas.
Katzensprung Festival #2, Kierspe, NRW
Ganz oben war sie, ja schon fast hinter dem Großen Hügel dahinten, am Anfang vom Wald sagten sie. Die DJ Kanzel sei sogar direkt ins Unterholz gezimmert worden. Hörte sich beeindruckend weit abgelegen an. Und welchen Weg ging es entlang und wo genau mussten wir hin?
Gemäß dem Festival Motto waren es überall angesagt, sein Outfit irgendwie katzenmäßig zu gestallten. Hier mal ein brauner Fellanzug mit pinken Punkten dort schwarz weiß getigerte Ganzkörperanzüge in enger Ausführung. Am einfachsten und im Sinne des Schickungsfaktors effektivsten waren die vielen Katzenöhrchen, welche sich die meißten Raver hatten wachsen lassen. Unwahrscheinlich stark war die Wirkung welche so ein kleines Detail auf die atmosphärische Stimmung insgesamt hatte. Auch die vielen Bühnen, es waren nicht so unübersichtlich viele wie auf so manch anderen Festivals, hatten jede für sich etwas liebevoll und fantastisch holziges für sich. Dennoch kamen und kamen wir nicht bei unserem Häuschen, wo unsere Musik spielen sollte, an. Es ging immer weiter aufwärts, nach gefühlten Höhenmetern bemessen, waren wir schon hunderte Meter oberhalb von unserem Basecamp angekommen. Die viele Mühe hat sich jedenfalls für uns Outdoor Freaks gelohnt. Ein ganz einfaches, dennoch stabil funktionales Bauwerk aus Materialien, welche die direkte Umgebung hergegeben hatte. Holzzylinder mit unbearbeiteter Rinde in verschiedenen Stärken und Längen, dazu etwas Nadelgehölz mit Tannenzapfen zur Verzierung.
Katzensprung Festival #2, Kierspe, NRW

Beim auspacken unseres mitgebrachten Equipments erspähte ich am seitlichen Rand unseres DJ- Kapphäuschens den Herstellernamen der uns zur Verfügung gestellten Basslautsprecher.
Von den Function One F215 Mk2 wurden auf beiden Seite je zwei Stück übereinandergestapelt. Na das konnte ja heiter werden, dachte ich mir. Lustig war mir in Erinnerung geblieben, wie ich zum Anfangen unseres Set´s eine CD in den Player, mit Namen Pioneer CDJ 700 und ausgestattet mit ohne Schlitz, einlegen wollte. Von genau diesem Moment des dumm aus der Wäsche guckens hätte ich gerne ein Foto von mir gehabt. Hier wurde mir wieder deutlich gemacht, daß ich endlich mein musikalisches Repertoire von CD und Vinyl auf einen USB Stick verlagern musste. Scheinbar war ich sogar mit meinen digitalen Scheibchen eine Art Dinosaurier geworden. Schon ausgestorben..
Die Technik wurde ausgetauscht und eine wunderbare, in vielen Facetten illustere Reise konnte nun mit unserer Musik beginnen. Langsam versammelten sich Gäste und machten etwas passendes dazu. Manche tanzten schon mit uns, andere erforschten und genossen sich selber im forstlichem Gefilde. Hinter uns erstreckte sich der westfälische Urwald und von unserem Standpunkt aus hatten wir nebst unserer Musik viel akustische Aktivität im Unterholz wahrgenommen. Tatsächlich heulten und fleuchten verschiedene nachtaktive Vögel, Rothwild und Wildkatzen. Als ich mich umgedreht hatte um zu sehen ob da etwas lauerte, fiel mir ein durch das Gehölz schimmernder bunter Nach-Sonnenuntergangs Himmel auf.  Für uns alle hatte nun eine magische Zeit begonnen..

Bericht von Michalis Boumbalis 14.7.2017